Es ist zehn Tage her, dass sich die Mitglieder der “Jungen Nationaldemokraten” (JN) aus Delitzsch/Eilenburg, Torgau und Oschatz zum JN-Verband Nordsachsen zusammengeschlossen haben. Nach Parteiangaben soll durch die Fusion nahe Leipzig die größte Gliederung der Jugendorganisation entstanden sein. Zur “Gründungsfeier” am 5. Juni seien 70 Teilnehmer an einem nicht benannten Ort erschienen, es gab einen “Einmarsch der Fahnenträger” sowie Ansprachen von NPD-Kreischef Maik Scheffler (Delitzsch) und JN-Landeschef Tommy Naumann (Leipzig).
Anführer der neuen Jugendgruppe ist Paul Rzehaczek (Eilenburg), der wie sein Vater Kai Rzehaczek ein Gefolgsmann der nordsächsischen NPD ist. Die Rzehaczeks betreiben nebenbei den neonazistischen “Nordsachsen-Versand” und arbeiten mit an “Recherche Mitte” – eine “Anti-Antifa”-Website, auf der AntifaschistInnen und Linke “geoutet” werden, Gewaltaufrufe inklusive. Kurz nachdem im April 2010 ein Jugendlicher aus Geithain auf der Website für “vogelfrei” erklärt wurde, griff der Neonazi Albert Reimann den damals 15-Jährigen an und verletzte ihn lebensgefährlich (GAMMA berichtete). Das Urteil: 18 Monate Haft.
Es ist keine drei Wochen her, dass Nazis in der Region erneut zuschlugen: am Oschatzer Bahnhof ermordeten sie einen Obdachlosen. Die Polizei hat (mindestens) drei Tatverdächtige ermittelt, die ihr Opfer in der Nacht zum 27. Mai niedergeschlagen, zusammengetreten und weiter misshandelt haben sollen. Am nächsten Morgen wurde der 50-jährige André K. mit schweren Kopfverletzungen gefunden, denen er am 1. Juni im Krankenhaus erlegen ist. Einer der Täter sitzt deswegen seit 9. Juni in Untersuchungshaft. Sein Name: Ronny Schleider. Der ortsansässige 27-Jährige ist der ehemaligen “JN Oschatz” und folglich der neuen “JN Nordsachsen” zuzurechnen.
Bei der oben erwähnten Gründungsfeier sagte übrigens Tommy Naumann, dass die JN “im Kleinen das vorzuleben” habe, “was im Großen einmal die neue deutsche Volksgemeinschaft darstellen soll” – Mord also.
Am 31. März 2011 verurteilte das Chemnitzer Landgericht den Neonazi Albert Reimann zu 18 Monaten Haft für einen Übergriff am 7. Mai 2010 in Geithain. Damals hatte Reimann einen 15-Jährigen, der äußerlich oder politisch nicht in sein Weltbild passte, lebensgefährlich verletzt. In der ersten Instanz war der in Lunzenau (Mittelsachsen) wohnhafte Reimann zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden, wogegen die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hatte. Gegen das neue Urteil wiederum hat Reimanns Anwalt umgehend Revision eingelegt – sein Mandant blieb daher zunächst auf freiem Fuß.
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