Die Leipziger “Jungen Nationaldemokraten” (JN) feierten am 20. April – dem “Führergeburtstag” – ihr dreijähriges Bestehen und versprachen, “in der nächsten Zeit nicht nur verstärkt Präsenz [zu] zeigen, sondern auch die Schweinereien der Etablierten und Demokraten wie gewohnt durch Berichterstattungen oder Aktionen an den Pranger [zu] stellen” und damit ein “erfolgreiches Kampfjahr” einzuläuten.
Gut gebrüllt, doch die misslungene Probe aufs Exempel folgte nur wenige Tage später: am 1. Mai am Rande der Gewerkschafts-Kundgebung auf dem Augustusplatz. Dort sind handgezählte acht (!) Nazis mit einem Transparent aufgetaucht. Es war, mit anderen Worten, nicht viel los…
Die Propaganda
…außer in den Erinnerungen der Nazis. Auf der Website des “Aktionsbündnis Leipzig” ist nämlich vollmundig von einer “Aufsehen erregenden Propagandaaktion” der JN die Rede: “etwa 40 nationale Aktivisten” seien “mit Transparent und Flugblättern” vom Hauptbahnhof zum Augustusplatz gezogen; wobei nach dem dreiminütigen Fußweg lediglich “etwa 10 Aktivisten” am Ziel angekommen seien. Im zugehörigen Aktionsbericht heißt es zum weiteren Verlauf:
“…anstatt sich einem Diskurs [!] mit dem politischen Gegner zu stellen, schienen es die roten Socken auf eine Konfrontation angelegt zu haben. Blieb es anfänglich noch beim üblichen infantilen ‘Nazis raus’-Geschrei, so trauten sich die ersten in die Jahre gekommenen Genossen auf Tuchfühlung und versuchten die Aktivisten von der Veranstaltung weg zu drängen. […] Mit Tritten und Spucken zeigten sie endgültig, welch eine niedere Lebensform der Bolschewismus ist. […] Nachdem die anrückende Polizei das Handgemenge aufgelöst hat, wurde von nationaler Seite aus Anzeige wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung erstattet.”
Angeblich hätten die GewerkschafterInnen sogar versucht, die Nazis “ins Wasser zu treiben” – gemeint ist das knöchelflache Springbrunnenbecken vor der Oper. Doch “nur mit energischem Widerstand” hätten sich die Nazi-Aktivisten “das Pack vom Leibe halten” können.
Die Wirklichkeit
Klingt ganz schön heroisch, aber was ist wirklich geschehen? Der GAMMA-Redaktion liegt nun eine Videoaufzeichnung der gerade einmal fünfminütigen Nazi-Aktion vor. Demnach waren die üblichen Verdächtigen wie Istvan Repaczki, Tommy Naumann und David Dschietzig aktiv beteiligt. Im Gegensatz zu angeblichen Flugblättern sind auf den Filmaufnahmen tatsächlich Tritte und Schläge zu sehen – ausgeteilt u.a. durch Repaczki gegen KundgebungsteilnehmerInnen im SeniorInnenalter. Das “Wegdrängen” der Nazis entpuppt sich auf den Aufnahmen als ungeplanter, aber geordneter Rückzug – angeleitet durch Naumann. Als sich die Kameraden schnurstracks bis auf den Georgiring zurückgezogen hatten, ließen sie sich schließlich von der Polizei ganz unheroisch wegeskortieren.
Dass laut Naziangaben anschließend “von nationaler Seite aus Anzeige wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung erstattet” worden sei, lässt sich angesichts der Videoaufnahmen unter Ulk verbuchen. Nachfolgend veröffentlichen wir einige Screenshots – der Rest folgt, falls es der Rechtsweg erfordert.
PS: Dass mit Nazis trotz solcher Auftritte keineswegs zu spaßen ist, zeigen andere gewalttätige Überfälle auf Gewerkschafts-Kundgebungen am 1. Mai, z.B. 2009 in Dortmund und in diesem Jahr in Husum.