Zurück zum Inhaltsverzeichnis springen
2. Aktionsformen des „Freien Netzes“
Das „Freie Netz“ ist aktionistisch orientiert und hat in der Vergangenheit mit zahlreichen Aktionen – darunter auch gewalttätigen Übergriffen – auf sich aufmerksam gemacht. Einige Forums-Diskussionen geben Auskunft über das zugrunde liegende politische Kalkül und die Tragweite der Gewaltbereitschaft.
a) Direkte Aktionen
Belege: 20-aufk1.jpg / 21-aufk2.jpg
Anlässlich einer Diskussion über neue Aufkleber für das „Freie Netz“ entspinnt sich eine Diskussion darüber, wie gemeinsame Aktionen auszurichten seien. Dazu schreibt „Hugo“ [Thomas Gerlach]:
Diesen Kleberkrieg empfinde ich nicht nur ästhetisch als ekelhaft sondern auch als Zeitverschwendung! Sollen Sie [gemeint sind AntifaschistInnen] uns angreifen, wenn sie wollen! Wir greifen sie doch auch an, wenn wir können.
„Manuel“ [Manuel Tripp] wiederum regt Hausbesetzungen an:
Außerdem soll die Möglichkeit dargestellt werden, leere und ungenutzte Häuser zu “besetzen”. Für den entsprechenden Aktionsmonat können sowohl Scheinbesetzungen als auch die üblichen Aktionsformen genutzt werden, um auf das Problem der fehlenden Verwirklichung des Selbstbestimmungsrecht, vorallem das der nationalen Jugend, aufmerksam zu machen und sich für die Schaffung nationaler Zentren einzusetzen. Es soll dazu aufgerufen werden jeden möglichen Freiraum für die Bewegung zu nutzen und zu besetzen.
b) Geplanter Angriff auf Polizeiwache
Beleg: 22-dd-pol.jpg
In einem Thread zum Aufmarsch im Februar 2009 in Dresden verkündet „Hugo“ [Thomas Gerlach] die folgende Aktionsidee:
Wir haben uns überlegt die Polizeiwache anzugreifen und abzufackeln!
Wörtliche Rückfrage durch „Sibelius“ [Maik Scheffler]:
ohne einen abzustechen? Ist ja langweilig.
c) Aktionen unter „falscher Flagge“
Beleg: 23-falseflag.jpg
Das „Freie Netz“ würde in den Augen der Öffentlichkeit gern besser dastehen, als es ist. Davon zeugt die folgende Ideen des Users „Sibelius“ [Maik Scheffler], Aktionen im Namen des „politischen Gegners“ durchzuführen:
Der Bürger darf lediglich von den Aufzügen der Afas mitbekommen, unsere Leute sollen jedesmal im Vor- und Nachfeld dort selbstgemachte Afa-Aufkleber verbreiten, am besten auf die Autos der Bürger und die Scheiben der Geschäfte. So wendet sich der Zorn gegen die Afa. Wenn dann noch Fassaden besprüht werden mit der Aufschrift, Deutschland verrecke oder Jeder Deutsche ist Nazi, dann werden die nicht mehr lange am Lindenauer Markt demonstrieren. Nen paar Leute, verkleidet als Punks, die die lBürger ein bisserl anpöpeln, geben der Afa dann den Rest.
Ob man dabei Skrupel haben sollte? Das verneint derselbe Autor:
Auf die Moral angesprochen, habe ich keinerlei Probleme mit der Meinigen, wenn ich die Mittel, welche scheinbar erfolgreich gegen uns wirken, selbst einsetze. Hierbei sollte die erfolgreiche Kampftaktik der Moral überwiegen.
d) Schein-Kundgebungen und „Spontan“-Aktionen
Belege: 24-30jan1.jpg / 25-30jan2.jpg / 26-30jan3.jpg / 27-30jan4.jpg
Zum 30. Januar 2009 – dem Jahrestag der „Machtergreifung“ durch die NSDAP – meldeten Neonazis auf Anregung des „Freien Netzes“ mehrere Kundgebungen an, und zwar ausschließlich zum Schein und mit dem Ziel, per Provokation in die Öffentlichkeit zu treten und die Anmeldungen untersagen zu lassen. „Ralf“ [Ralf Wohlleben] berichtet über das Beispiel Jena:
Unsere Anmeldung dient mehr der Provokation und es ist nicht davon auszugehen, dass eine Genehmigung für die Kundgebung erteilt wird. Selbst wenn eine Genehmigung erteilt wird, werden wir unsere Kameraden nicht unnötig belasten, denn der Kundgebungszeitraum ist für 19.33 – 19.45 Uhr geplant. Als ich Ace [„Hugo“ alias Thomas Gerlach] von diesem Vorschlag berichtete, schlug dieser im Gegenzug vor das für alle FN-Landkreise zu tun, was ich hier mal zur Diskussion stelle.
Der Vorschlag kam gut an, es erfolgten Anmeldungen für Jena, Altenburg, Borna, Leipzig und Hof. „Hugo“ [Thomas Gerlach] schreibt über den Nutzen der konzertierten Aktion:
[…] wenn man den Mobi Text der Presse schickt und beispielsweise reinschreibt, dass man 100 Leute erwartet, dann ist zumindest das Thema in der Presse
Wie erwartet wurden die Kundgebungen nacheinander verboten. Schon vor dem 30. Januar als angestrebtem Kundgebungs-Datum schlägt wiederum „Hugo“ [Thomas Gerlach] eine später auf mehreren FN-Websites veröffentlichte „Nachbearbeitung“ [soll heißen: Nachbereitung] vor. Darin werden die Verbote propagandistisch als Meinungszensur, Rechtsbruch, Repression usw. ausgeschlachtet und behauptet, durch die gescheiterten Anmeldungen sei das „System […] entlarvt“ worden.
Obwohl man die Kundgebungen ohnehin nie abhalten, sondern im Gegenteil Verbote der eigenen Veranstaltungen herbeiführen wollte, wird behauptet, man habe tatsächlich Vorbereitungen zur Durchführung getroffen – und werde nun „spontan“ reagieren. Tatsächlich gab es statt der Kundgebungen am 30. Januar 2009 dann einen unangemeldeten, aber alles andere als spontanen Aufmarsch in Eilenburg.