Nazis bei SGLL: distanzieren, nicht dulden!

Ein unsportlicher und abschließender Kommentar zur SGLL

Die GAMMA-Veröffentlichung zum Fußballverein SG Leipzig-Leutzsch hat für heftige Reaktionen gesorgt: Da sind die einen, die jeden Vorwurf in Richtung der SGLL-Fans für politisch motivierte Erfindungen halten. Da sind die anderen, die sich für die Vorwürfe rechtfertigen, indem sie Gerufenes und Gezeigtes – von “Nur ein Leutzscher ist ein Deutscher” bis zum Hitlergruß – als “unpolitisch” hinstellen. Und da sind noch jene, die zugeben, dass es all das gab, aber keinesfalls als “Nazis” tituliert werden möchten.

Trotz der ganz unvereinbaren Erinnerungen an ein und dasselbe Spiel können einige Fragen objektiv geklärt werden: Was gerufen wurde ist in Live-Übertragungen zu hören. Wie dazu gestikuliert wurden, nämlich mit ausgestreckten rechten Armen, zeigen Fotos. Wie das nicht bedacht und wider besseren Wissens das Gegenteil behauptet wurde, zeigen Jamal Engels Zitate in der Lokalpresse. Wer sich um das “Image” des SGLL sorgt, sollte sich bei dieser Fehlbesetzung und seinen rechten Schützlingen auf den Zuschauerrängen beschweren.

Ein paar andere Fragen sind so leicht nicht zu klären. Etwa, ob “Nur ein Leutzscher ist ein Deutscher” ein schützenswertes grün-weißes Liedgut sei. Ob das “U-Bahn-Lied” zu emotionaler Fankultur gehöre, was immer das sein soll. Und ob man sich Provokation aus solchen Partien überhaupt wegdenken könne. Das mag alles sein, aber es sind unerhebliche Überlegungen, es sind immer Ausflüchte. Wenn sowas Tradition sein soll, ist es eben eine beschissene Tradition, die man getrost aufgeben kann. Eine Sache ist nicht gut, weil seit langem viele Leute dadrauf abfahren. Schon gar nicht, wenn es sich um Naziparolen handelt.

Aufgeben kann man auch die Zwecklüge, dass Fußball “unpolitisch” sei. Wer das mit Überzeugung vertritt, muss Politik für eine Sache halten, die einem die OrdnerInnen am Stadioneingang wegnehmen würden oder die man gleich zuhause lassen könnte. Selbst wenn es so wäre wie in dieser naivsten aller Vorstellungen von Politik: bei der SGLL ist hängt man dieser Vorstellung offiziell gar nicht an, der Verein hat sogar einen Antrassismus-Paragrafen im Statut.

Wer also nicht als Nazi bezeichnet werden will, müsste sich erst recht daran stören, wie sich bei der SGLL Anspruch und Wirklichkeit beißen. Wer darauf wertlegt, SGLL-Fan zu sein, aber mit Nazis nichts am Hut zu haben, muss sich wirksam distanzieren – alles andere bedeutet, die Wirklichkeit so zu lassen, wie sie ist, sich also einverstanden zu erklären.

Beim Spiel gegen den Roten Stern Leipzig haben einige Grün-Weiße von der Möglichkeit, dem freien Willen statt dem Mob zu folgen, Gebrauch gemacht. Die anderen können das jederzeit nachholen. Beim unbelehrbaren Rest handelt es sich um Nazis. An dieser Einschätzung haben wir nichts zurückzunehmen.

This entry was posted in Aktuell. Bookmark the permalink. Both comments and trackbacks are currently closed.
  • Buch 2013



    Das neue Recherche-Buch zum NSU ist erschienen: Schreddern, Spitzeln, Staatsversagen – Wie rechter Terror, Behördenkumpanei und Rassismus der Mitte zusammengehen. Inklusive einem Beitrag von Gamma.

    Mehr Infos beim VSA-Verlag…


    GAMMA-Printausgabe
    #194 (März 2013)
    zum Inhalt / Download (PDF)


    aktuelles Interview
    Aufgaben & Perspektiven antifaschistischer Medien. Veröffentlicht in Ausgabe 50 (Winter 2012/13) der Zeitschrift LOTTA: hier zum Nachlesen


    Buch 2012
    “Made in Thüringen? Nazi-Terror und Verfassungsschutz-Skandal". Mit Recherchen von GAMMA u.a.

    Bestellen…