Apfel als NPD-Vorsitzender vorgeschlagen

Gut einen Monat vor dem anstehenden Bundesparteitag ist in der NPD eine neue Personaldebatte entbrannt: JournalistInnen ist eine Liste mit “Personalvorschlägen” zugespielt worden, angefertigt vom sächsischen NPD-Vorsitzenden und Fraktionschef Holger Apfel. Der will offenbar ein “16-köpfiges Gremium” an die Macht hieven – angeführt von ihm selbst.

GAMMA hatte im Juni exklusiv berichtet, dass Apfel den Posten des jetzigen Parteichefs Udo Voigt übernehmen und sich offiziell als Gegenkandidat aufstellen lassen will. Das nun bekannt gewordene Dokument des sächsischen NPD-Landesverbandes bestätigt diesen Plan.

Als stellvertretende Parteivorsitzende bevorzugt Apfel seinen Kollegen Udo Pastörs, der die Fraktion in Mecklenburg-Vorpommern nun zum zweiten Mal anführt, außerdem Karl Richter, der für die “Bürgerinitiative Ausländerstopp” im Münchner Stadtrat sitzt, sowie Frank Franz, Landesvorsitzender der saarländischen NPD. Udo Voigt würde demnach kein bezahltes Parteiamt und keine Funktion im Bundesverband mehr innehaben. Ohne Job wäre dann auch Matthias Faust, eine an der Basis unpopuläre DVU-Altlast, der durch die Parteifusion zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden aufgerückt war.

Ausweichende Aussagen

Nicht bekannt ist allerdings, ob die sächsische NPD die Liste tatsächlich beim vergangenen Landesparteitag satzungsgerecht verabschiedet hat, denn auf der Tagesordnung stand dergleichen nicht. Auf der Website “Deutschland Echo” (ehemals “Gesamtrechts”) reagierte Apfel ausweichend mit dem Hinweis, dass die sächsischen Vorschläge “nichts darüber aussagen, ob die betreffenden Kameraden überhaupt kandidieren bzw. von einem Bewerber um den Parteivorsitz auch tatsächlich vorgeschlagen werden.”

Im Gegensatz zu früheren “Leaks” ist die Authentizität des Papiers von keinen Parteifunktionären bestritten worden. Indirekt beschuldigt Apfel aber Voigts Berliner Parteizentrale, das angeblich verschlüsselt übersandte Dokument bewusst einem NDR-Journalisten zugespielt zu haben. Apfel dazu: “Möge jeder die entsprechenden Rückschlüsse daraus ziehen.”

Apfel entzieht sich derweil einer inhaltlichen Stellungnahme und fordert alle Mitglieder dazu auf, sich auf den Wahlkampf-Endspurt in Berlin zu konzentrieren. Eine doppelzüngige Ansage, denn eine halb-öffentlich ausgetragene Personaldebatte hatte bereits vor zwei Jahren den von Apfel mitgetragenen Versuch vereitelt, Voigt zu entmachten. Damals hatte Peter Marx zuerst den einstigen NPD-“Chefideologen” und wenig später aus der Partei ausgeschlossenen Andreas Molau als Voigt-Gegenspieler aufgebaut. Beim Sonderparteitag 2009 hat sich dann Udo Pastörs gegen Voigt zur Wahl gestellt. Er unterlag deutlich – und Marx verlor wegen seiner “Putschpläne” den Posten des Generalsekretärs.

Alter Plan mit neuem Briefkopf

Beim Neuanlauf anno 2011 war es wieder Marx, nunmehr in der Funktion eines Fraktionsmitarbeiters, der die Diskussion entfachte: Noch während des Wahlkampfes in Meckleburg-Vorpommern sagte er gegenüber der TAZ, “dass Udo Voigt nicht alleine für den Bundesvorsitz kandidieren” werde. Bei der Landespressekonferenz kurz nach der MV-Wahl bestätigte Pastörs, er könne sich “das ein oder andere Amt durchaus vorstellen. Es gibt ja auch demnächst vielleicht auch mal wieder einen Parteitag der NPD.“

“Auch mal wieder”? Der Parteitag ist längst auf den 15. Oktober terminiert und soll in Gera stattfinden, vorausgesetzt, es findet sich ein geeigneter Tagungsort. Auch die Personalvorschläge stehen fest, am kommenden Donnerstag verstreicht die Antragsfrist.

Welche Delegierten sich einen Monat später für Apfel entscheiden werden, ist noch nicht abzusehen, denn selbst in Sachsen ist er nicht in allen Verbänden wohl gelitten. Zudem pocht der sächsische Landesverband traditionell auf seine Unabhängigkeit vom Vorstand der Bundespartei. Das wäre künftig schwer durchzuhalten. Ein Aufstieg Apfels würde hinterher auch wichtige Posten in der sächsischen NPD zur Disposition stellen und könnte mittelfristig ein weiteres Aufrücken der “Freien Kräfte” bedeuten.

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