NPD-Showdown in Sachsen: Apfel will Voigt stürzen

Offenbar steht die NPD vor einem einschneidenden Führer- Führungswechsel: Der sächsische Landesverband unter Holger Apfel lehnt sich offen gegen den Bundesvorstand auf. Laut GAMMA-Informationen plant Apfel, beim anstehenden NPD-Bundesparteitag am 1. Oktober, der in Sachsen stattfinden wird, gegen den bisherigen Bundeschef Udo Voigt um das Amt des Parteivorsitzenden zu kandidieren. Vermutlich wird Apfel bereits beim kommenden Landesparteitag am 9. Juli, bei dem auch seine Wiederwahl als Landesvorsitzender ansteht, um die Rückendeckung des Landesverbandes werben.

Gewichtige Gefolgschaft

Bereits im Mai ist Maik Scheffler aus Delitzsch (NPD-Kreisverband Nordsachsen) – nach eigenen Worten “geistiger Vater des ‘Freien Netzes Mitteldeutschland'” – Mitarbeiter der NPD-Landtagsfraktion geworden. Dort sind vor ihm bereits andere “Freie Kräfte” untergekommen und für ihre Unterstützung des von Apfel geprägten “sächsischen Weges” mit Parteiposten honoriert worden.

Allerdings ist Scheffler so gut wie nie im Landtag anzutreffen. Das war bereits bei den Fraktions-Mitarbeitern Jens Pühse und Sascha Rossmüller der Fall. Die über die Landtagsfraktion vom Freistaat Sachsen finanzierten Jobs dienen offenkundig dazu, die Parteiarbeit in einzelnen Verbänden zu stützen. Scheffler bewirbt den von ihm geführten Nordsachsen-Verband (37 Mitglieder) damit, eine “nationale Muster- und Modellregion” geschaffen zu haben. Allerdings ist dieser Weg der Parteienfinanzierung ausdrücklich verboten. Hier wäre ein Einschreiten des Landesrechnungshofes nötig.

Ungelöste Personalfragen

Auch bei den “Jungen Nationaldemokraten” (JN), der NPD-Jugendorganisation, deuten sich personelle Verschiebungen an: Neuerdings firmiert der Leipziger Tommy Naumann als “Bundesorganisationsleiter”. Der offizielle JN-Bundesvorsitzende Michael Schäfer steht dagegen auf der Abschussliste, genau wie der bisherige sachsen-anhaltische Landeschef und gescheiterte Spitzenkandidat Matthias Heyder, der mit dem kompletten Landesvorstand von allen Posten abberufen wurde. Seiner Wahlkampagne, die von der JN-Führung unterstützt worden ist, wird von der Mutterpartei ein “herausragendes Versagen” bescheinigt. Ältere Kader haben den Verband kurzerhand übernommen.

Für die ausbleibenden Wahlerfolge der letzten Zeit wird innerparteilich ebenso der Parteivorsitzende Udo Voigt verantwortlich gemacht. Mitte Mai legte Thomas “Steiner” Wulff seinen Posten im NPD-Bundesvorstand nieder, weil er sich mit den führenden Kameraden überworfen hatte – auch dabei ging es um Personalfragen. Angesichts der gescheiterten Fusion mit der DVU und drohenden Strafzahlungen der NPD (2.5 Millionen Euro) wegen falscher Rechenschaftsberichte, die den Bankrott bedeuten, wird nun Voigt selbst zur Personalfrage.

Unlösbare Prinzipienfragen

Apfel kann sich seiner Kandidatur allerdings noch nicht gewiss sein. Derzeit mobilisieren einige NPD-Kreisverbände innerhalb ihrer Basis zum Landesparteitag am 9. Juli, um Apfel als Landesvorsitzenden abzusägen. Offenbar gibt es auch für diesen Posten schon Bewerber – der Name Andreas Storr ist im Spiel. Der Berliner sitzt seit 2009 für die NPD im sächsischen Landtag, war Anfang der 90er Apfels Vorgänger als JN-Bundesvorsitzender, pflegt gute Kontakte ins Kameradschafts-Spektrum und war zuvor ebenfalls Fraktionsmitarbeiter. Falls Storr Landesvorsitzender wird, ist Apfels Kandidatur um den Bundesvorsitz schon im Anlauf gescheitert.

Der Ausgang kann nicht abgesehen werden. Jüngere Parteimitglieder und JN-Kader beispielsweise stellen seit Monaten die Gretchenfrage, ob die NPD weiter eine Wahlpartei bleiben (“sächsischer Weg”) oder vielmehr als außer- und anti-parlamentarische “Weltanschauungspartei” im nationalsozialistischen Sinne fungieren solle. Ein Führungswechsel könnte auch über Programmatik und Radikalität der Partei entscheiden – wobei es sich so oder so um Nazis handelt.

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