Kurz & knapp (4)

Meldungen: NPD-Parteitag in Dessau + “Aktionswoche” in Wurzen + Razzien im Vogtland + Nazi-Brandstifter verurteilt + “Gedächtnisstätte” wieder aufgetaucht + “Aktionstag”-Aufruf + Deutsche-Stimme-Blog + Altermedia-Prozess + Handygate + Lektüretipps


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NPD sucht neuen Führer in Dessau


Der kommende NPD-Bundesparteitag wird am 15. und 16. Oktober in der Dessauer Anhalt-Arena und nicht, wie bislang geplant, in Gera stattfinden. Offenbar hat die NPD mit Hilfe des Verwaltungsgerichts Halle Anfang der Woche bereits eine einstweilige Verfügung erwirkt, die ihr die Nutzung des Objekts erlaubt.

Parteimedien haben dazu noch nichts vermeldet, offenbar wurden auch noch keine Einladungen an Delegierte verschickt. Bereits bekannt geworden ist aber, dass abermals keinen unabhängigen BeobachterInnen und JournalistInnen, sondern ausschließlich NPD-Mitgliedern Zutritt zum Parteitag gewährt werden soll. Dort geht es indirekt um die zukünftige Ausrichtung der Partei – und konkret um eine neue Führungsspitze. Wie GAMMA wiederholt berichtete, will der sächsische NPD-Vorsitzende Holger Apfel den bisherigen Bundeschef Udo Voigt stürzen. Als Apfel-Stellvertreter wird der Fraktionschef im Schweiner Landtag, Udo Pastörs, gehandelt.

Einige prominente Parteimitglieder haben sich bereits deutlich für Apfel entschieden. Kürzlich plädierte auch Michael Schäfer, Leiter der Nachwuchsorganisation “Junge Nationaldemokraten” (JN), für einen Führungswechsel. Gegenüber der Nazi-Website “Deutschlandecho” sagte Schäfer, dass dieser Schritt nötig sei, “um nach innen und nach außen zu zeigen, daß sich bei uns endlich etwas bewegt und wieder Visionen entwickelt werden.” Über ein Konzept zur Parteireform verfügt auch Schäfer nicht – weshalb er sofort vom Berliner NPD-Landeschef Uwe Meenen angegiftet wurde, zunächst seinen eigenen Verband auf Vordermann zu bringen. Bei einer Wahl Apfels wäre Meenens Karriere vorüber.

Seit heute gibt es auch eine Erklärung von Mecklenburg-Vorpommerns NPD-Chef Stefan Köster. Wenig überraschend: Auch Köster plädiert mitsamt seinem Landesverband für Apfel. Allerdings fügte er an, nicht selbst für ein Amt im neuen Parteivorstand kandidieren zu wollen. Vom geschassten Noch-Chef Udo Voigt gab es zwischenzeitlich keine weiteren Erklärungen. In Nazi-Foren wird gewitzelt, er sei “abgetaucht”, um der von Apfel-Befürwortern angestoßenen Personaldebatte zu entgehen.

 

Rechtsaußen


Wieder Wurzen: Zu einer “Aktionswoche” haben Neonazis aus der Region jüngst ihre Umtriebe in Wurzen umgemünzt: Dort wollten Aktivisten der “Jungen Nationaldemokraten” (JN) und der NPD ursprünglich mit einem Informationsstand bei der 1050-Jahr-Feier der Stadt vom 16. bis 18. September aufschlagen, was ihnen jedoch untersagt wurde. Stattdessen gab es bereits am 12. September eine offenbar durch NPD-Stadtrat Wolfgang Schroth angemeldete Mini-Kundgebung in Wurzen, zwei Tage später folgte eine Flugblattverteilung. Am 15. September trafen sich etwa 50 Nazis zu einer weiteren angemeldeten Kundgebung. Redner waren Tommy Naumann, Manuel Tripp, Paul Rzehaczek und Mathias König.

Razzien: Die Polizei hat am Morgen des 27. September sieben Wohnungen von Neonazis im sächsischen Vogtland durchsucht. Ziel der Razzia waren Rädelsführer der Kameradschaft “Revolutionäre Nationale Jugend” (RNJ) aus Auerbach, Muldenhammer und Ellefeld. Sie sollen am 24. Juli dieses Jahres an einem unangemeldeten Aufmarsch auf der Kirmes in Rodewisch teilgenommen haben. Hinterher wurde der Aufmarsch als Aktion der “Untersterblichen”-Kampagne hingestellt. Die Polizei fand bei den Razzien offenbar auch die gesuchten weißen Masken.

Verurteilt: Wegen eines Brandanschlags auf ein Vereinsgebäude in Limbach-Oberfrohna in der Nacht zum 13. November 2010 ist ein 20-jähriger Neonazi vom Amtsgericht Zwickau am 27. September zu zweieinhalb Jahrn Haft verurteilt worden. Das Urteil gegen den Täter Nico Döge (Hartmannsdorf) ist noch nicht rechtskräftig. Bekannt war Döge bereits als Mitglied der 2007 verbotenen Kameradschaft “Sturm 34” aus Mittweida.

Lebenszeichen: Der geschichtsrevisionistische Verein “Gedächtnisstätte” hat eine neue Bleibe im thüringischen Dorf Guthmannshausen gefunden. Bis vor etwa zwei Jahren war der Verein in Borna angesiedelt, nun erwarb er vom Land Thüringen eine ehemalige Landwirtschaftsschule für 320.000 Euro.

Aktions-Aufruf: Für den 22. Oktober (Sonnabend) kursiert ein Aufruf für einen “bundesweiten Aktionstag” im Rahmen der bisher kaum wahrnehmbaren NPD-Kampagne “Raus aus dem Euro”. Aktionsvorschläge der Partei: “Infostand, Mahnwache, Demonstration, Flashmob oder kreative Aktion”.

Digitaler DS-Ableger: Die Parteizeitung “Deutsche Stimme” (DS) propagiert nun auf einem eigenen Weblog (“DS aktuell”) die Weltsicht der NPD. Auf der bisherigen DS-Website wurden nur ausgewählte Artikel vergangener Ausgaben der Monatszeitung zugänglich gemacht. Welche Autoren hinter “DS aktuell” stehen, ist nicht bekannt. Die Redaktion wird offensichtlich angeleitet von Chefredakteur Karl Richter, der auch die Druckausgabe betreut, und Matthias Faust als “Chef vom Dienst”. Das Impressum von “DS aktuell” verweist indes nicht auf den “Deutsche Stimme”-Verlag in Riesa, sondern direkt auf die Berliner Parteizentrale.

Altermedia-Prozess: Am 4. Oktober beginnt am Landgericht Rostock die Hauptverhandlung gegen die “Altermedia”-Verantwortlichen Axel Möller (47) und Robert Rupprecht (30). Beiden werden etwa 50 Straftaten bei der Veröffentlichung von “Altermedia”-Texten zur Last gelegt. Das Urteil wird am 26. Oktober erwartet, Möller rechnet nach eigenen Angaben mit “Freiheitsstrafen von nicht unter zwei Jahren” für beide Beschuldigte. Der Stralsunder hat sich bereits einen “Solidaritäts-Blog” eingerichtet, nur das Feld für seine künftige JVA-Anschrift ist noch frei.

 

“Extremismus”-Hysterie


Delikate Gefahr: Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) ist gegen die Einführung einer Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte. Argument: Mit den neuen Namensschildern lässt sich neben Papier auch “handelsübliches Eisbein” (!) schneiden. Hier anschauen!

Aber sicher: Mobilfunk-Anbieter speichern länger, als sie dürfen.

Handygate: Bei der Abhöraktion im Februar in Dresden war der Verfassungsschutz auch dabei. Der Bericht des sächsischen Datenschutzbeauftragten lässt keine Zweifel an der rechtlichen Fragwürdigkeit. Aber selbst dies erschüttert nicht das Gottvertrauen in die Polizei, deswegen wurde neulich ein verschärftes Polizeigesetz durch den Landtag gewunken.

 

Lesetipps


20 Jahre danach: Zum kürzlich verstrichenen Jahrestag der Hoyerswerdaer Pogrome im September 1991 hat die Initiative “Pogrom 91” zahlreiche Texte online zugänglich gemacht. Die Kampagne “Fence Off” liefert einen Überblick über die damaligen Ereignisse und einen weiteren zeitgenössischen Text. Unterdessen gibts schon ein Kritikpapier der Gruppe “Cafe Morgenland” contra “Pogrom 91”.

HNG: Zum kürzlich erfolgten Verbot der “Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige” (HNG) hat die Zeitschrift “Der Rechte Rand” eine Sonderausgabe mit Hintergrundtexten aufgelegt (PDF).

Dossier: Das Berliner apabiz hat ein Dossier zur NPD-Wahlkampf-Kundgebung (PDF) am 11. September auf dem Alexanderplatz veröffentlicht. Anwesend waren prominente Neonazis, die Polizei hatte den Kundgebungsort bis zuletzt geheim gehalten.

Fachmeinung: Kann man anhand der Analyse von Texten mit Sicherheit auf deren AutorInnen rückschließen? Dieser Artikel beschäftigt sich mit forensischer Linguistik und bereinigt einige Mythen.

Grün, Weiß und stumpf: Noch Fragen zur SG Leipzig-Leutzsch? Hier gibts inter-nationalistische Antworten aus dem jüngsten SGLL-Stadionheft.

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