Dresden/Leipzig am 19. Februar: Nazis scheitern und entsagen künftigen “Großaufmärschen”

Dresden 2011: zwei Tage, zwei große Flops. Bereits am vergangenen Sonntag, 13. Februar, waren knapp 1300 Nazis in der Landeshauptstadt aufmarschiert – es waren 1500 Teilnehmer erwartet worden, die “Junge Landsmannschaft Ostpreußen” (JLO) sprach hinterher von “über 2000” Kameraden – geschenkt. Doch deren Route musste wegen antifaschistischer Blockaden derart beschnitten werden, dass sich der Aufmarsch faktisch nur auf dem Universitäts-Gelände abgespielt hat und kaum Außenwirkung entfalten konnte.

Die drei (!) eigentlichen “Großaufmärsche” sollte gestern, am 19. Februar, stattfinden. Schon am frühen Nachmittag jubilierten Nazis via Twitter, dass nun “über 7000” Kameraden durch Dresden ziehen würden. Vorläufige Schätzungen, die sich näher an den Fakten bewegen, gehen von 2.500 bis maximal 3.500 Nazis aus. Das bedeutet einen grandiosen Einbruch der rechten Mobilisierung und womöglich das Ende des Dresdner Mythos vom “größten Naziaufmarsch Europas”.

Zwar marodierten einige Nazigruppen im benachbarten Freital und dem Dresdner Stadtteil Plauen, zudem wurde im Stadtteil Löbtau unter den Augen der Polizei das linke Kulturprojekt “Praxis” angegriffen. Doch an den angemeldeten Aufmarsch-Treffpunkten regte sich gar nichts. Am Dresdner Hauptbahnhof etwa waren lediglich 600 Nazis eingetroffen, standen sich dort die Beine in den Bauch oder rangelten ab und zu mit der Polizei. Deren Überforderung und die erfolgreichen Massenblockaden machten die Aufmarschpläne zunichte. Die Presse spricht von mehr als 15.000 NazigegnerInnen.

Überraschung in Leipzig

Die Reaktion: Am späten Nachmittag wollten die Nazis am Dresdner Hauptbahnhof – darunter viele Aktivisten des “Freien Netzes” – nach Leipzig fahren, um dort einen Ersatz-Aufmarsch durchzuführen. Mit der Behauptung, dass dieser sogar angemeldet worden sei, wurden allerdings etliche Nazis in die Irre geführt. Denn sie bekamen zwar einen Zug zum Leipziger Hauptbahnhof zur Verfügung gestellt, durften hier aber den Bahnsteig 22 nicht verlassen.

Kurz vor Ankunft twitterten die Nazis noch zuversichtlich: “Mindestens 1000 Kameraden auf dem Weg zur Spontandemonstration nach Leipzig”. Offenbar hat sich Patrick Fischer – nach einigen Jahren beim “Freien Netz Leipzig” nun in Chemnitz wohnhaft – während der Rückfahrt noch um eine Demonstrations-Anmeldung für Leipzig bei den mitgereisten Bundespolizei-Beamten bemüht. Diese allerdings sind dafür gar nicht zuständig. Und ausgestiegen sind auch keine “1000 Kameraden”, sondern nach vorläufigen Schätzungen maximal 400.

Denen standen direkt auf dem Plateau des Hauptbahnhofes prompt mehrere hundert AntifaschistInnen gegenüber, die in kürzester Zeit mobilisiert werden konnten. Die spärlich aufgestellte Leipziger Polizei sprach den Neonazis laut Presseberichten umgehend ein “Demonstrations- und Aufenthaltsverbot” aus. Leipzigs Polizeipräsident Wawrzynski erklärte Patrick Fischer persönlich, dass für den Hauptbahnhof ein “polizeilicher Notstand” bestehe.

Derweil kam es vor dem Hauptbahnhof zu einer Auseinandersetzung mit etwa 20 überraschten Nazis – unter ihnen Anhänger der “Blue Caps Le” und “Scenario Lok” –, die in der Kneipe “Fair Play” am Wintergarten-Hochhaus warteten und sich dem fiktiven Aufmarsch anschließen wollten.

“Keine nationalen Großdemonstrationen mehr”

Erfolgsmeldungen im “Kampf um die Straße” sehen anders aus. Das “Freie Netz” meldete daher noch am selben Abend betont defätistisch:

“Strategietest nicht bestanden, neue werden folgen! Welche? Abwarten und überraschen lassen […]”

“Wie weiter? Schluss mit den alten ausgelatschten Wegen! Verlassen wir endlich die Spielwiese der Demokraten, leisten wir echten Widerstand!”

Über das Ausmaß der Verstimmung, die der 19. Februar 2011 in der rechten Szene hinterlassen hat, gibt beispielsweise ein Bericht des “Aktionsbüro Nordsachsens” Auskunft, das von Maik Scheffler (Delitzsch) betreut wird, der auch mit zum Leipziger Hauptbahnhof gefahren war:

“An vielen Punkten nationaler Einkesselung gibt es weltanschaulich gefestigte Kameraden, welche ihr Recht in die Hand nehmen und versuchen, diesem Zustand zu entkommen. […] Dabei geht es nicht um die Bereitschaft zur Gewalt, Autonomie oder Kopieren der Antifa sondern einzig und allein um das geschlossenen und entschlossene Auftreten. Noch so gute und ausgeklügelte Konzepte seitens erfahrener Veranstalter greifen ins Leere, wenn die Masse nicht bereit ist, diese umzusetzen. […] Solange dies nicht der Fall ist, wird es in unabsehbarer [!] Zukunft keine nationalen Großdemonstrationen mehr geben.”

Vielleicht halten sie ja diesmal ihr Wort.

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