FN-Leaks (III)

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3. Zwiespältiges Verhältnis zur NPD

Das „Freie Netz“ verfügt über eine enge Anbindung v.a. an die sächsische NPD. Das intensive Verhältnis ergibt sich daraus, dass mehrere FN-Kader wie Maik Scheffler (im Forum: „Sibelius“) bezahlte NPD-Posten übernommen haben und das FN im Jahr 2009 via NPD-Liste mit Kandidaten zu den Landtags- und Kommunalwahlen angetreten ist. Dennoch ist die Beziehung zur Partei betont instrumentell: Sie spendet Geld und einen legalen Anschein. Seinen ideologischen und personellen Führungsanspruch macht das FN auch gegenüber der NPD geltend.

a) „Arbeitsgruppe Wahlkampf“

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Das „Freie Netz“ versteht sich offiziell als „parteiunabhängig“ und hat seine kritische Distanz zur NPD vielfach öffentlich betont. Das ist aber nur die halbe Wahrheit: Spätestens seit 2008 gibt es eine zielstrebige Orientierung in Richtung einer engen Kooperation. Zu der kam es erstmals 2009 im Kontext der sächsischen Landtags- und Kommunalwahlen. Das „Freie Netz“ rief dafür eine Arbeitsgruppe ins Leben. Darüber berichtet „Hugo“ [Thomas Gerlach]:

Wie bereits einige vielleicht wissen, gibt es eine kleine Arbeitsgruppe “Wahlkampf 2009”, die sicherstellen soll, dass nicht nur parteifreie Kameraden auf den Listen der NPD in den kommunalen und landesspezifischen Listen zur Wahl auftauchen, sondern auch unsere Programmatiken und Positionen!

Ergänzend zitiert „Hugo“ [Thomas Gerlach] aus einem selbst verfassten Rundschreiben. Darin wird klargestellt, welche Ziele das „Freie Netz“ hinsichtlich der NPD-Kooperation verfolgt:

Unserer Maxime treu bleibend, dass die NPD AUSSCHLIESSLICH Mittel zum Zweck im politischen Kampf sein darf, wollen wir endlich neben radikalen Kandidaten auf den Listen auch endlich radikale Programmatiken unter der „Marke“ NPD transportieren und somit die politische Waffe mit sozialistischen Inhalten für unsere Zwecke schärfen! […] wir wollen unseren Nationalen Sozialismus in den kleinsten Gemeinschaften des Volkes, nämlich den Gemeinden, den Städten und den Landkreisen etablieren

b) „Freies Netz“ sucht nach Kandidaten

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Tatsächlich kamen FN-Kandidaten auf NPD-Wahllisten. Wohl auch, weil die NPD über zu wenig eigenes Personal verfolgt. Von diesem für das FN günstigen Umstand berichtet „Sibelius“ [Maik Scheffler]:

Die NPD kann 39 Ratsstellen selbst nicht abdecken im Leipziger Land/Muldetalkreis. Es wurden zwar einige Parteischläfer vorgeschlagen, nur hat Dresden erkannt, dass sie sich damit mit einige faule Eier ins Nest setzen. Nun sind sie an mich herangetreten und vor dem Hintergrund ihrer dünnen Personaldecke groß was von Öffnung der Listen für die Freien Kräfte, besonders aus dem Freien Netz, geschwafelt. […] Für evtl. Kandidaten wurden mir von Gerd Fritzsch (Kreisrat,parteilos) [gemeint ist Gerd Fritzsche] umfassende Schulungen zugesichert sowie die Begleitung zur Einführung in die Stadtratsarbeit.

[Anm.: Besagter Fritzsche geriet zuletzt in die Schlagzeilen, weil er das NPD-Landtagsmitglied Winfried Petzold, dessen Frau sowie den Leipziger NPD-Vorsitzenden Helmut Herrmann zu Schießübungen des Bundes-Reservistenverbandes in Leipzig schleuste. Der Reservistenverband hat es ihnen ermöglicht, an Waffenbesitzkarten und schließlich scharfe Pistolen und Gewehre zu gelangen. Auch darüber berichtete zuerst das GAMMA.]

„Feldgrau“ [Tommy Naumann] gefällt die Idee mit den FN-Kandidaten:

So könnte man die NPD in „Zugzwang“ bringen, jedoch: Andererseits fällt mir um ehrlich zu sein aus der Region einer maximal 2 Leute ein denen ich das voll zutrauen würde.

„Sibelius“ [Maik Scheffler] spricht ihm Mut zu:

Ich denke auch aus deinen Reihen solltest du einen fähigen Mann platzieren. Ich sehe große Vorteile, wenn wir dies im gesamten FN schaffen würden, da wir somit wieder gewichtiger werden, wenn es nach der Wahl um die Frage geht ob die Partei uns weiterhin Zugeständnisse machen muss oder nicht.

Am Ende ist „Feldgrau“ [Tommy Naumann] dann selbst für die NPD zu den Leipziger Stadtratswahlen angetreten.

c) Scheffler vermeldet Erfolg

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„Sibelius“ [Maik Scheffler] wiederum ist NPD-Direktkandidat für die Landtagswahl 2009 geworden und verbucht das als erfolgreiche Einflussnahme des FN auf die Partei. Diesen Einfluss will er weiter ausbauen und bittet um Schützenhilfe:

Vielleicht könnt man kurz ( nur, wenns beliebt) als FN-Seite ne Art Rückendeckung in Form eines kleinen Kommentarberichts signalisieren. Das stärkt meine Position in kommenden Forderungen. Ich bin da immer sehr frech dort oben, was das anbelangt.

„Hugo“ [Thomas Gerlach] schlägt vor, auch den Wahlkampf mitzugestalten, um sich als „Freies Netz“ auf der Straße unentbehrlich zu machen:

Wir sollten überlegen, was wir für öffentlichkeitswirksame Aktionen durchziehen in unseren Bereichen im Bezug auf die Wahl. Vielleicht könnte das in Form ner Art kleiner Kampagne gemacht werden mit dem Motto: „Sachsen muss von Sachsen geführt werden!“ Ist zwar der Ausspruch von Naumann [„Feldgrau“ alias Tommy Naumann], aber passt ganz gut

Das sagt auch „Sibelius“ [Maik Scheffler] zu, denn es markiert den Führungsanspruch des FN:

Das Thema als Kampagne zu machen, dürfte den nötigen Druck auf die Herrschaften [NPD-Landesverband um Holger Apfel] ausüben und unsere klare Intension der Zusammenarbeiten klarstellen. Vor allem sehe ich hier eine Chance, dass dies überregional überschwappen könnte und generell das Hausrecht in der Frage der politischen Führung wieder eingeführt wird.

d) „Freies Netz“ und der „Führungsstreit“ in der NPD

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Ähnlich wie vor dem nun anstehenden NPD-Bundesparteitag stand auch 2009 der Parteivorsitzende Udo Voigt kurz vor der Ablösung. Einer seiner Widersacher war Holger Apfel, auf etlichen Websites und in Neonazi-Foren wurde gegeneinander polemisiert. Auch das FN wollte sich positionieren. „Sibelius“ [Maik Scheffler] gab die Richtung vor:

Fazit: Es existiert für uns kein fähiger Kandidat zum Bundesvorsitz der NPD und deshalb stellen wir uns auch hinter keinen.

Allerdings ist derselbe Autor auch hauptamtlicher Mitarbeiter der sächsischen NPD, sein Vorgesetzter heißt also Holger Apfel, und deswegen musste er auf die Nachfrage reagieren, wie es um seine widersprüchlichen Loyalitäten zur NPD auf der einen und zum „Freien Netz“ auf der anderer Seite bestellt sei. Er versichert:

Ich gebe aus dem Freien Lager gar keine Infos an Apfel oder sonst wem weiter. Ich arbeite nicht für deren Machtinteressen und bin keiner von ihnen.

Und später fügt „Sibelius“ hinzu:

Wir hier arbeiten nicht in Nordsachsen mit NPD Leuten aus dem KV. Wir arbeiten nach wie vor nur in unseren Gruppen. Nur mal etwas anschaulicher, ich habe bisher seit November ganze zwei Mal mit Apfel telefoniert. Einmal rief er mich an wegen des Objektes in Lpz Lindenau und einmal rief ich ihn an wegen eines Termines für meine Unterlagen. Ich habe den Kontakt lediglich mit Gansel und auch da geht es nur darum, was ich brauch um das zu machen, was wir hier für richtig halten. Du kannst es als 80% Forderungen von mir und 20% Aufträge von ihm betrachten, ich denk, dass ist eine anschauliche Kraftverteilung. […] Bezahlt werde ich, dass ist richtig aber dieses Angebot, welches ich angenommen hatte sehe ich moralisch nicht verwerflich, jedenfalls nicht in den Freien Spektren. Warum sollte ich auch Entgeldlos für diese Partei Wahlkampf machen?

Überhaupt will der Parteifunktionär „Sibelius“ alias Maik Scheffler (mittlerweile stellvertretender NPD-Landesvorsitzender) nicht viel von seiner eigenen Partei wissen und findet in einem anderen Themenstrang dann auch recht klare Worte der Ablehnung:

Ich bin auch nach meiner Meinung gefragt wurden und sagte klar und deutlich, das mich der BuVo [Bundesvorstand] nicht interessiert, weil er für mich nicht zur Debatte steht und ich ausschließlich meine Arbeit in meiner Region unter der Fraktion in Sachsen erledige. Dabei beschränkt sich mein Einmischen in parteiliche Angelegenheiten lediglich auf die Dinge, welche für meine Arbeit hier von Nöten sind. Für die Partei erhebe ich meine Stimme nicht, da ich mich ihr nicht verbunden fühle.

e) Bleibende Differenzen: Beispiel Zwickau

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Das zwiespältige Zweckverhältnis zur NPD taucht in vielen Episoden auf, eine davon spielt in Zwickau. So berichtet „Aswefight“ [Daniel Peschek] von einer Versammlung des dortigen NPD-Kreisverbandes am 17. Januar 2009 (im Thread steht fälschlich 2008). Die interne Partei-Besprechung wird im FN-Forum ausführlich wiedergegeben, angereichert mit vielen persönlichen Eindrücken („Noch vor den Wahlen wurde gegen die Satzung verstoßen“) – und sogar mittels einer heimlich gefertigten Audioaufzeichnung.

Hintergrund des Zwickau-Problems: Bis 2009 saß Peter Klose für die NPD im sächsischen Landtag. Er war „Nachrücker“ für Matthias Paul, der wegen Erwerb und Besitz von Kinderpornografie seine Ämter niederlegte, wohlgemerkt als Kamerad einer Partei, die „Todesstrafe für Kinderschänder“ fordert. Klose wiederum wurde in der Partei auch nicht populär. Zwar eröffnete er 2007 sogar ein NPD-Büro in Zwickau, aber im örtlichen Kreisverband wurde er gezielt isoliert – auch, weil er gute Beziehungen zu den „Freien Kräften“ pflegte und Aktivisten des „Freien Netzes“ desöfteren Geld aus Parteitöpfen zuleitete.

Ergebnis der Kreisverbandssitzung am 17. Januar 2009: Peter Klose wird abgesägt, nicht mehr für die Partei deligiert und nicht mehr als Landtagskandidat aufgestellt. Darüber empört sich nun „Aswefight” [Daniel Peschek]:

ich hab schon überlegt, ob wir für Peter nen Listenplatz über holger rauspressen. ansonsten boykott und zwar mit allen mitteln. peter ist kein politiker wie er selbst offen zugibt…aber er ist ein verdienter und loyaler volksgenosse und nicht so aalglatt wie diese Blinsen.

„Hugo“ [Thomas Gerlach] analysiert die Lage mit knappen Worten:

es ist hier offensichtlich, dass die NPD als Instrument in der Hand von Karrieristen und Opportunisten ist…

Die Konsequenzen will „Aswefight“ [Daniel Peschek], der sich selbst als NPD-Kandidat aufstellen ließ, aber noch nicht ziehen:

Wir treten ja über ne offene Liste an und ich werd mir schlussendlich nicht reinpfuschen lassen. Einfacher wärs den Namen der Partei erstmal zu nutzen und dann nach einer möglicherweise erfolgreichen Wahl sofort das sinkede Parteischiff zu verlassen und selbstständig schalten und walten […] Wie gesagt, Apfel will Zwickau als 4. größte Stadt Sachsens natürlich nicht fallen lassen. Soweit schenk ich dem Glauben. Das reicht auch! Ich denke wir können konkrete Forderungen stellen, wenn hier was werden soll. Ansonsten heißt es adios NPD in Zwickau.

„Sibelius“ [Maik Scheffler] schlägt vor, beim Landesvorstand mit einem Anschreiben, de facto einem Erpressungsmanöver, zu intervenieren:

Ich würd da nen Brief vom FN an Apfel, Gansel und Co. vorschlagen, wo es klar ausgesprochen wird, dass das geamte FN seinen Wahlkampf überdenken wird, wenn in einer Zelle von uns so intrigiert wird.

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